
Ulrike und Günther-Jürgen Klein
DER FLUCH DER VAMPYRLADY
> Special Agent Steven Taylor jagt die vier Halunken <
Ein Roman
Kuratiert von Tine Neumann
Orte der Handlung: Die glühende Wüste von Arizona, Bobbethal in der Pfalz und die Reichshauptstadt Berlin am Ende des WW II. Alle Begebenheiten sind wahr.
Die Geschichte der Vampyrlady Tamara Yagelowsk handelt von den Lebenden und den Toten. Wobei die Frage ist, wer zu den Lebenden gehört und wer zu den Toten. Ihrer Natur gemäß gehört die Dame Yagelowsk zur Spezies der Untoten. Was zugleich die nächste Frage aufwirft: Gibt es ein Leben nach dem Tod. Und wenn ja, worauf muss ich mich dann mental vorbereiten?
Kann ja sein, dass dereinst, wenn man in sein kühles Grab gestiegen ist, die ganze Scheiße erst richtig los geht.
Eröffnung: Fr 29.03.2019 19 Uhr
Ausstellung: 30.03. – 07.04. Di – So 14 – 19 Uhr
Folge 1 Fr 29.03.2019 • 19-22 Uhr
Folge 2 Fr 05.04.2019 • 20-22 Uhr
Folge 3 Sa 06.04.2019 • 20-22 Uhr
Raum 1-
DIE WELT


* * * *
Raum 2
Das Totenreich
Raum 3
Die Bar
Über den Dächern von New York
Wahnsinn, diese Gegend, allein die Geschäfte, die Auslagen. Wer hier wohnt, darf sich zu den oberen Zehntausend im Speziellen rechnen. Der Aufzug, in den Mary vor drei Minuten eingetreten war, fährt immer weiter himmelwärts bis er endlich mit einem Ruck zum Stehen kommt. Als die Tür zur Seite gleitet, befindet sie sich in einem Raum von der Größe einer mittleren Turnhalle. Ganz am anderen Ende vor einer gläsernen Front, die offenbar auf die Dachterrasse führt, macht sie eine Silhouette aus, die ihr freundlich zuwinkt. In diesem großen Zimmer wirkt Mrs. Snyder noch zierlicher als sie ohnehin ist. Mary stakst auf sie zu, geblendet von der Überfülle an Gold, das ihr vom falschem Stuck an der Decke und allerlei Zierarten an den Wänden und über den Türen entgegenglänzt. Sieht schwer nach 19. Jahrhundert aus, wie die riesige Wanduhr aus geschnitzter Eiche, die sie an einen aufrecht stehenden Sarg erinnert, zwischendrin grelle Sechziger Jahre Möbel und teurer Krimskrams aus allen möglichen Moden und Stilen, was insgesamt eine schwer psychodelische Wirkung auf Mary ausübt. Wenn die Hölle in Gold gefasst wäre, dann würde sie ungefähr so eingerichtet sein. Während sie sich im Slalom in Richtung Mrs. Snyder bewegt, bleibt Marys Blick fasziniert an zwei goldenen Staunen hängen, zwei prächtigen Löwen.

„Aus Venedig!“, flötet ihr Mrs. Snyder ins Ohr. „Pures Gold.“
Sie trägt eine Caprihose und hat ihre Bluse wie weiland Peggy Guggenheim um die Taille geknotet, dazu wieder ihre roten Kirschohrclips, was wohl so was wie ein Markenzeichen von ihr ist. Sie führt Mary auf die weitläufige Terrasse. Mary zieht es sofort ans Geländer. Was für ein Blick! Aus schwindelnder Höhe hinunter auf die geschäftige Welt ungefähr wie Petrus von seinem Himmelstor herunter. Sie kann sich von dem fantastischen Anblick auf die Spielzeugautos und dem wichtigtuerischen Gewusel der Ameisen da unten kaum losreißen. Überhaupt, sie fühlt sich großartig hier oben und vielleicht hat das Hochgefühl auch mit ihrer Erleichterung zu tun, weil Mr. Snyder nicht zugegen ist.
Mrs. Snyder, die inzwischen verschwunden war, kommt mit dem Tee zurück, den sie unter der Pergola reicht. Er schmeckt scheußlich. „Schön austrinken, mein Kind, kommt direkt aus dem Orient. Kostet ein Vermögen und ist ein wahres Schönheitselixier.“ Eine kleine Pause entsteht, und dann plaudert Mrs. Snyder von ihrer gemeinsamen Reise als jungverliebtes Paar nach Venedig.
„Wie weit würden Sie gehen für die Liebe?“
Mary versteht die Frage nicht.
„Naja, wenn man liebt, nimmt man Vieles in Kauf.“
Mrs. Snyder lächelt.
„Bis an die Grenze – und darüber hinaus?“
Eine kleine Pause entsteht, in der Mary überlegt, ob sie dazu jetzt etwas sagen müßte.
„Liebe“, flüstert Mrs. Snyder mit einem schmerzlichen Zug um den Mund, „beginnt mit der Aufopferung.“
Sollte da eine kleine Wolke über das Gemüt der Gastgeberin geflogen sein, so war es eine winzig kleine, denn schon im nächsten Augenblick kehrt wieder Frohsinn ein. Dazu reicht sie Mary noch eine weitere Tasse Orienttee.
„Wie gerne würde ich Venedig wiedersehen“, knüpft sie an das Thema an. „Für uns ist das jetzt leider nicht mehr so einfach. Waren Sie schon einmal in Venedig?“
Fotos:
Susanne Pantel – Charly Schumacher – Günther-Jürgen Klein – Margret Schilling – Andrée Thielemann